Nachtspeicherheizungen

Nachtstromspeicher

EW Magazin für die Energiewirtschaft: Titelthema Smart Grid   EW  3|2014

Nachtstromspeicher und große Stromverbraucher
Wirtschaftliche Lastverschiebung statt billiger Stromexport

Für den Erfolg der Energiewende werden Energiespeicher und Lastverschiebungen (Demand Side Integration) benötigt. Die installierten rund 1,4 Mio. Nachtstromspeicherheizungen und andere große Stromverbraucher könnten dazu als flexible Speicher genutzt werden.

Die in den Gebäuden in Deutschland installierten rund 1,4 Mio. Nachtstromspeicherheizungen können während der Heizperiode wirtschaftlicher als bisher ohne größere Investitionen zur Energiespeicherung genutzt werden. Dazu müssen diese Speicher weniger nachts, sondern bevorzugt in den immer häufiger auftretenden Zeiten aufgeladen werden, in denen zu viel Wind- und Photovoltaikstrom erzeugt wird und dieser Strom an der Börse günstig ist.
Eine solche Lastverschebung ist wirtschaftlicher als der billige Stromexport oder die Abschaltung von Windenergie- und Photovoltaikanlagen.
Eine Möglichkeit zur Lastverschiebung bietet zwar auch der Betrieb von Pumpspeicherkraftwerken, doch deren Bau ist teuer, zudem stören Sie häufig das Landschaftsbild. Derzeit sind in Deutschland Pumpspeicherkraftwerke mit einer Leistung von rund 7000 MW in Betrieb.

Die installierten deutschen Nachtstromspeicherheizungen entsprechen rund zehn Pumpspeicherkraftwerken mit je 1000 MW Leistung.

Die örtlichen Stromversorger müssten entsprechende Lieferverträge mit Anbietern von überschüssigem Strom abschließen und flexibler als bisher die meist vorhandenen Rundsteueranlagen nutzen. Vorteilhaft wäre es hierbei, die Aufladesteuerungen zu optimeren und eventuell Smart Meter einzubauen.  Dafür hat RWE bereits ein Konzept entwickelt und erprobt. Es fehlen allerdings noch Tarifangebote für die Verbraucher. Ähnliches haben Eon, EnBW und verschiedene Stadtwerke vor. In Dänemark läuft eine solche Nutzung von Nachtsromspeicherheizungen schon längere Zeit.
Das Bundeswirtschaftsministerium und die Bundesnetzagentur befassen sich in einer Kommission zurzeit mit den Auswirkungen und der Zulassung der flexibleren Lastprofile für große Stromverbraucher anstelle der Lastprofile der bisherigen Nachtstromspeicherheizungen. Mehr Wettbewerb wäre im Sinne der Verbraucher wünschenswert, indem dieser Heizstrom von anderen Anbietern direkt zu den Verbrauchern durchgeleitet werden kann. Dazu müssten die örtlichen Netzbetreiber die Rundsteuerungen einschalten, solange an der Börse die Preise für Erneuerbare niedrig sind. Entsprechende Marktmodelle müssen erst noch entwickelt werden.

Neue Stromspeicherheizungen sind vor allem bei Niedrigenergiehäusern und bei gelegentlichem Heizbetrieb wirtschaftlich.

Um zu starke Lastsprünge zu vermeiden, sollten die verschiedenen Rundsteuerungen zeitlich gestaffelt ein- und ausgeschaltet werden. Die Netze könnten durch die flexiblen Aufladungen stabilisiert werden. Die in der früheren Energiesparverordnung enthaltenen Vorschriften, Elektrospeicherheizungen nicht mehr neu zu installieren und alte stillzulegen, wurden inzwischen aufgehoben. Hier ist ein weiteres Umdenken erforderlich.  Die noch verbreitete damalige Abneigung gegen Elektroheizungen ist auf die Stromerzeugung in großen Dampfkraftwerken mit schlechtem Wirkungsgrad zurückzuführen, deren Zahl weiter zurückgeht.
Die Elektrospeicherheizung sollte - wie die übrigen Heizungsarten auch - künftig dem freien Wettbewerb überlassen und die mögliche Speicherwirkung im Rahmen des Regelenergiemarkts finanziell honoriert werden.
Zu bedenken ist, dass viele Betreiber alter Nachtspeicherheizungen nicht das notwendige Kapital für eine Umstellung der Heizung, beispielsweise auf eine Wärmepumpe, haben. Energiefachleute befürworten schon lange wieder die Elektrspeicherheizung (siehe Literatur 1 bis 5). Der deutsche EU-Energiekommisar Günther Oettinger spricht sogar von einer Renaissance der Stromspeicherheizung.

Neu Stromspeicherheizungen sind vor allem bei Niedrigenergiehäusern und bei gelegentlichem Heizbetrieb interessant. Bei sehr guter Wärmedämmung genügt der Einbau elektrischer Heizleitungen in den normalen, nicht erhöhten Bodenestrich oder unter den Innenputz der gemauerten außengedämmten Wände.

Im Sommer, wenn kaum Heizleistung erforderlich ist, kann mit überschüssigem Strom aus Windenergie- und Photovoltaikanlagen mit dem technologisch aufwendigen Verfahren Power-to-Gas Wasserstoff- und Methangas erzeugt werden. Das ist beispielsweise für künftige Brennstoffzellenfahrzeuge verwendbar.
 Diese Gase können in vorhandenen Erdgaspipelines und -speichern längere Zeit gespeichert und später verbraucht werden. Allerdings ist wegen der hohen Umwandlungsverluste und Anlagenkosten während der Heizperiode die Nutzung weniger wirtschaftlich als die Nutzung vorhandener Nachtstrompeicher- und Warmwasseranlagen.
Außerdem laufen Versuche, überschüssige Elektrowärme im Sommer in großen thermisch isolierten Wasserbehältern bis zum nächsten Winter zu speichern. Überschüssiger preiswerter Strom kann auch in Nah- und Fernwärmanlagen - wie schon in Hamburg -, in Wärmepumpen, in Solarwärme-Gasanlagen für Heizungen und Warmwasser sowie in häuslichen KWK-Anlagen als zusätzliche CO2-arme Zusatzheizung wirtschaftlich eingesetzt werden. Dazu müssen entsprechende Installationen (Tauchsiederprinzip) geschaffen werden.

Luft-Luft-Wärmepumpen können durch die Nutzung der durch die Erdwärme angewärmten Zuluft aus großen Kellern, Tiefgaragen und sonstigen großen unterirdischen Hohlräumen auch bei sehr tiefen Außentemperaturen ohne teure zusätzliche elektrische Direktheizung wirtschaftlich betrieben werden.

Ebenso könnten andere große Stromverbraucher mit großen Stückzahlen wie Wasch- und Spülmaschinen, Wäschetrockner, Kühlanlagen, Wasserwärmepumpen und die Batterien von Elektroautos zum wirtschaftlichen Vorteil der Verbraucher mit günstigem Strom über vorhandene Rundsteueranlagen - später mit noch zu entwickelnden Smart-Grid-Lösungen - versorgt werden. Auch in der Industrie und in kommunalen Einrichtungen können viele große Stromverbraucher durch derartige Lastverschiebungen wirtschaftlicher betrieben werden. Da der Strom heute generell durch sehr hohe gesetzliche Aufschläge sowie die Netz- und Vertriebskosten stark verteuert wird, bringt die Nutzung des zeitweise billigen Wind- und Photovoltaikstroms voraussichtlich nur eine Preisreduzierung von rund 10% - bei starkem Wettbewerb mit zeitvariablen Tarifen sicherlich deutlich mehr.

Diese Preisaufschläge können weitgehend vermieden werden, wenn der Verbraucher die Energie zumindest teilweise selbst erzeugt und zeitweise Strom ins Netz einspeist. Dies ist besonders bei Passivhäusern möglich.

Energiefachleute befürworten schon lange wieder die Elektrospeicherheizung.

Die vielfältigen, zurzeit laufenden Versuche und Planungen zur künftigen Strom- und Wärmeversorgung von Gebäuden und Industrieanlagen werden noch zu sehr interessanten Lösungen führen. Die Politik, die Regulierungsbehörde und die Stromanbieter sollten unter Mitwirkung von Fachleuten schneller als bisher die genannten Möglichkeiten umsetzen, um die Energiewende zum baldigen Erfolg zu führen und die Strompreise für die genannten großen Stromverbraucher zu senken.



Literatur
(1) Kleimaier, M; Schwarz,J; Elektrospeicherheizung - neue Anwendung statt Verbot. Energiewirtschaftliche Tagesfragen, 2009, S.28-29.
(2) Becksmann,U; www.nnka.de
(3) www.buerger-fuer-technik.de
(4) VDE-Studie: Demand Side Integration. Lastverschiebungspotenziale in Deutschland. 2012.
(5) Kreutzer, U.: Energiewende im Fußboden. Siemens, Pictures of the Future, 2013, S.28-29.
Prof. Dr.-Ing. Hans Petry, Petry Consulting Elektrotechnik, Ratingen


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